KI: Helferin für unsere Netzhelden
In Kürze
- Repower geht bei Freileitungsinspektionen neue Wege
- Knapp 2000 Strommasten werden mithilfe der KI inspiziert
- Die künstliche Intelligenz schafft Netzelektriker:innen neue Kapazitäten
- Die neuen Prozesse steigern Effizienz, Sicherheit und Qualität
Tag und Nacht fliesst Strom von den Kraftwerken zu den Kundinnnen und Kunden, wann immer diese Energie benötigen. In Graubünden ist dies dank Repower und ihren Stromleitungen möglich. Die Leitungen verlaufen durch Täler und über Berge und werden von über 6000 Strommasten getragen. Doch die Masten altern mit Wind und Wetter.
Deshalb kontrollieren Andreas Hellrigl, Leitender Monteur der Ausführung im Engadin, und seine Kollegen von Repower regelmässig deren Zustand. Gibt es Korrosion? Sind die Isolatoren noch in einem guten Zustand? Gibt es locker sitzende Schrauben? Muss der Korrosionsschutz erneuert werden?
Ermüdende Aufgabe
Die Kontrollen sind aufwendig. Hellrigl und seine Kollegen müssen den mühsamen Weg zu jedem Masten gehen, auf die Masten klettern, sich dabei sichern und von möglichst allen Seiten die Masten kontrollieren. Ein zeitaufwändiges und ermüdendes Unterfangen.
Erschwerend spürt Renato Vassella, der Vorgesetzte der Spezialisten, den Fachkräftemangel. So wird es immer anspruchsvoller, genügend Fachkräfte für die anstrengenden, gefährlichen und anspruchsvollen Kontrollen zu finden. Deshalb stellt er sich stets die Frage: Wie können wir besser, schneller, zuverlässiger und mit weniger Manpower die Versorgungssicherheit in der Zukunft gewährleisten?
Eine Antwort liefert ihm der technische Fortschritt. Dazu gehören Drohnen und künstliche Intelligenz. So theoretisch dies klingen mag, so wertvoll zeigen sich diese Technologien im Alltag.
Planung ist die halbe Miete
Renato Vassella und seine beiden Anlageverantwortlichen Gianfranco Cagnoni und Andi Moser treffen sich auf dem Netzstützpunkt in Bever. Sie planen den nächsten Drohnenflug für eine Inspektion der Freileitungen. Grundlage für die Planung ist die Datenbank EasyAsset, in welcher sämtliche Anlagen georeferenziert hinterlegt sind. Da die beiden Anlageverantwortlichen ihre Leitungsabschnitte und deren Alter bestens kennen, können sie die richtigen Prioritäten setzen.
Konkret geht es heute um die Hochspannungsleitungen im malerischen Oberengadin, die durch die Gemeinden Sils und Silvaplana bis hoch über den Julierpass führen.
Natürlich, so sagt der für diese Leitung zuständige Anlageverantwortliche Gianfranco Cagnoni, ist es nicht möglich, die KI-basierte Drohneninspektion sofort für alle Leitungen der Repower einzusetzen. Deshalb hat er Prioritäten festgelegt. Insgesamt gehören knapp 2000 der 6000 Masten zur wichtigsten Prioritätsklasse A. Dieser Prioritätsklasse gehören nur Masten an, die für die Versorgungssicherheit grösserer Gebiete von entscheidender Bedeutung sind.
Nachdem geklärt ist, welche Masten als Nächstes inspizieren werden sollen, treffen sich die Verantwortlichen mit Martin Stieger von der Donatsch & Partner AG. Stieger steuert die Drohne auf ihren Inspektionsflügen und weiss ganz genau, was die Drohne fliegerisch kann und mit welchen Flugmustern eine optimale Datensammlung möglich ist. Dabei berücksichtigt er nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen, die für einen sichern Flug nötig sind, sondern auch die Wetterkonditionen.
Clear for Takeoff
Nach ein paar Schlechtwettertagen ist es endlich soweit: klare Sicht, keine heftigen Winde, die ganze Mannschaft vor Ort.
Nicht nur die Holzstangenleitung zwischen Silvaplana und Sils soll heute inspiziert werden, sondern auch die grosse und für Repower sehr wichtige Gittermastleitung, mit der die Region Mittelbünden mit dem Oberengadin verbunden wird.
Drohnenpilot Stieger hat das Flugmuster festgelegt und erteilt das Kommando: «Clear for Takeoff».
Der leitende Monteur Andreas Hellrigl kann sich nicht zurücklehnen. Er begleitet die Drohne vom Boden aus und prüft die Holzmasten auf Anzeichen von Fäulnis.
Die Drohne schiesst währenddessen Bildern der Freileitungen aus relevanten Blickwinkeln, die in der Datenbank automatisch und säuberlich sortiert abgelegt werden.
Die KI sieht alles
Klar ist, dass weder Hellrigl noch seine Chefs Zeit finden, all diese Drohnenfotos zu sichten. Der Job wäre auch viel zu langweilig für die hochqualifizierten Spezialisten.
KI vom Start-up
Für die drohnenbasierten Inspektionen mithilfe der künstlichen Intelligenz arbeitet Repower mit dem Start-Up-Unternehmen eSmart Systems zusammen. Dessen entwickelte KI analysiert Schäden an Freileitungen komplett autonom.
Hier spielt die Künstliche Intelligenz ihre Stärken aus: Die vom Start-Up-Unternehmen eSmart Systems entwickelte KI-Software «Grid Vision» analysiert die Bilder vollkommen autonom. Dabei erkennt sie Auffälligkeiten wie abgeblätterte Farbe, defekte Armaturen, beschädigte Isolatoren oder auch locker sitzende Schrauben. Die KI erstellt sodann einen Bericht, den die Verantwortlichen in kürzester Zeit überblicken können. Mit geringstem Aufwand wissen sie nun, wie der Zustand der Leitung und deren einzelnen Komponenten ist.
Die Spezialisten übernehmen
Die KI hat ihre Arbeit getan. Die Reihe ist an den beiden Spezialisten Hellrigl und Menpitschen Gaudenz. Sie beurteilen, welche Schäden umgehend und welche erst bei guter Gelegenheit behoben werden müssen. Kleiner, weniger relevante Schäden müssen möglicherweise noch gar nicht behoben werden. In diesem Falle reicht es, wenn die Drohne beim nächsten Kontrollflug, der alle 2 bis 5 Jahre stattfindet, einen besonderen Blick auf diese Stelle wirft, damit man Veränderungen feststellen und eine Neubeurteilung machen kann.
Die Arbeit von Hellrigl und Gaudenz in der Datenbank EasyAsset ist gleichzeitig Grundlage und Auftrag für die Monteurinnen und Monteure. Sie wissen nun, welche Aufgaben als Nächstes auf sie warten.
Arbeiten am Grossen und Ganzen
Hellrigl ist gleich wieder gefragt. Er übernimmt die Verantwortung für die Arbeiten an einer Leitung bei Cinuos-chel. Wegen Spechtschäden müssen mehrere Holzmasten ersetzt werden. Sein Team ist erfahren und bringt etwas mit, was die KI nicht kennt: Muskelkraft.
Mit Ausdauer, Kraft und einer umsichtigen Arbeitsweise macht sich das Team am frühen Morgen an die Arbeit. Das notwendige Material für den geplanten Stangenersatz wird bereitgestellt und der Transfer zum Einsatzort koordiniert.
Am Einsatzort geht es mit Unterstützung am Boden und aus der Luft in schwindelerregende Höhen. Speditiv, aber überlegt und vorausschauend werden die Holzmasten ersetzt. Die Arbeit ist ein Puzzleteil auf dem Weg zum grossen ganzen Bild. Einem Stromnetz, das heute einwandfrei funktioniert und gleichzeitig für die Anforderungen der Zukunft vorbereitet und ausgebaut wird.
Innovation hört nie auf
Zu recht ist der Vorgesetzte der Anlageverantwortlichen, Renato Vassella, stolz auf das Erreichte. Effizienz, Sicherheit und Qualität konnten mit neuen Prozessen bei der Freileitungsinspektion gesteigert werden.
Doch ausruhen mag er sich nicht. Der Einsatz im Engadin zeigt das Potenzial der künstlichen Intelligenz bei der Erkennung von Mängeln. Vassella zeigt sich überzeugt, dass künftig nicht nur Stromleitungen, sondern auch Schaltanlagen, Transformatoren oder Kraftwerke dank dieser Technologie einfacher und zuverlässiger überwacht werden können.
«Wer weiss», sinniert er, «wie unsere Prozesse in 10 oder 20 Jahren aussehen?» Es bleibt jedenfalls spannend, während im Engadin der Strom weiterhin still und unsichtbar durch die gut überwachten Leitungen von Repower fliesst.
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